Betreuungsrichter
Ein Betreuungsrichter ist eine Person mit Befähigung zum Richteramt (Volljurist), der im Amtsgericht in einer Betreuungabteilung (Betreuungsgericht) mit Betreuungssachen (§§ 271 ff FamFG) und Unterbringungssachen (§§ 312 ff. FamFG) beauftragt ist. Es darf sich dabei nicht um einen Proberichter im ersten Jahr handeln (§ 23c GVG).
Die Betreuungsgerichte wurden zum 1.9 2009 durch das FGG-Reformgesetz neu gebildet. Zugleich wurden die Vormundschaftsgerichte aufgelöst, die zuvor zuständig waren. Die Vormundschafts- und Pflegschaftssachen für Minderjährige wurden den Familiengerichten zugewiesen.
In Unterbringungssachen sind Betreuungsrichter stets funktional zuständig und den geltenden Grundrechten verpflichtet. In Betreuungssachen sind sie nur soweit zuständig, als ihnen bestimmte Aufgaben nach § 15 Rechtspflegergesetz vorbehalten sind (ansonsten der Rechtspfleger). Der Richter entscheidet hiernach über die Anordnung einer Betreuung, die Aufgabenkreise (§ 1815 BGB), die Betreuerauswahl (§ 1816 BGB bis § 1818 BGB), den Einwilligungsvorbehalt (§ 1825 BGB), die Genehmigung der Heilbehandlung (§ 1829 BGB), der Sterilisation (§ 1830 BGB) und der Ehescheidung (§ 125 FamFG), in bestimmten Fällen über den Betreuerwechsel (§§ 1868 und 1869 BGB) und die Aufhebung der Betreuung (§ 1871 BGB). Der Richter kann auch in Rechtspflegersachen entscheiden (§ 8 RpflG). Bei Entscheidungen des Rechtspflegers entscheidet der Richter auch über das Rechtsmittel der Erinnerung (§ 11 RpflG).
Siehe auch
- Anfangsgespräch
- Erörterungsgespräch
- Amtsermittlungspflicht
- Einstweilige Anordnung
- Gewaltschutzanordnung
Dem Richter sind vorbehalten:
- Bestellung eines Betreuers und Bestimmung des Aufgabenkreises einschließlich späterer Erweiterungen und Beschränkungen des Aufgabenkreises (§§ 1815, 1816 BGB, § 15 Nr. 1 RpflgG; Ausnahme § 1815 Abs. 3 BGB (Kontrollbetreuer;
- Bestellung mehrerer Betreuer (§ 1817 BGB), § 15 Nr. 1 RpflgG;
- Entlassung des Betreuers, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (§ 1868 Abs. 1 BGB); Bestellung eines neuen Betreuers, § 15 Nr. 1 RpflgG;
- Entlassung des Betreuers, wenn ihm die Betreuung nicht mehr zugemutet werden kann (§ 1868 Abs. 4 BGB); Bestellung des neuen Betreuers;
- Entlassung des Vereins bzw. der Behörde als Betreuer (§ 1868 Abs. 3 BGB); - Bestellung einer Einzelperson als Betreuer;
- Bestellung eines neuen Betreuers bei Tod des alten Betreuers (§ 1869 BGB), § 15 Nr. 2 RpflgG;; in Bayern ist hierfür der Rechtspfleger zuständig
- Aufhebung der Betreuung (§ 1871 Abs. 1 BGB), ab 1.9.2009 § 294 FamFG, § 15 Nr. 3 RpflgG;
- Bestellung eines Verfahrenspflegers; ab 1.9.2009 §§ 276, 317 FamFG
- Einholung des Sachverständigengutachtens und sonstige Verfahrenshandlungen; ab 1.9.2009 § 280 FamFG
- Erlass von einstweiligen Anordnungen - Maßnahmen nach § 1867 BGB; ab 1.9.2009 §§ 300 - 302 FamFG
- bei Bestellung eines Betreuungsvereins/einer Betreuungsbehörde zum Betreuer die gerichtliche Entscheidung, wenn der Betroffene mit der vom Verein/Behörde zum Betreuer ausgewählten Person nicht einverstanden ist; entsprechende Weisungen an den Verein/die Behörde.
- Anordnung des Einwilligungsvorbehaltes (§ 1825 BGB), dessen Aufhebung, Einschränkung, Erweiterung; , § 15 Nr. 4 RpflgG;
- Genehmigung der Einwilligung in gefährliche Heilbehandlungen, § 1829 BGB, § 297 FamFG, § 15 Nr. 4 RpflgG;
- Genehmigung der Einwilligung in eine Sterilisation, § 1830 BGB, § 298 FamFG, § 15 Nr. 4 RpflgG;
- Genehmigung der freiheitsentziehenden Unterbringung, § 1831 BGB;
- Betreuung und Pflegschaft über Ausländer, auch vorläufige Maßregeln, Art. 24 EGBGB , § 15 Nr. 5 RpflgG;
- Anordnung einer Betreuung aufgrund dienstrechtlicher Vorschriften (also bei Beamten, Soldaten, Richtern, Notaren), , § 15 Nr. 6 RpflgG;
- Abgabe des Verfahrens (BayObLG FamRZ 1993, 222; KG FGPrax 1996, 98
- Genehmigung von Ehescheidungs- und Eheaufhebungsverfahren (§ 125 Abs. 2 FamFG)
Ausnahmen im Landesrecht
Nach § 19 RpflG können durch durch Landesrecht richterliche Aufgaben auf den Rechtspfleger übertragen werden. Dies ist in Bayern und Rheinland-Pfalz erfolgt (siehe unten). In Bayern ist aufgrund einer Landesverordnung der Rechtspfleger für die Betreuerauswahl nach dem Tod des bisherigen Betreuers sowie bei der Bestellung von Ergänzungsbetreuern nach § 1817 Abs. 5 BGB zuständig (VO vom 15.03.2006, Bayr. GVBl. S. 170).
Im württembergischen Rechtsgebiet war bis 2017 der Amtsnotar als Betreuungsrichter tätig (§ 36 LFGG Baden-Württemberg). Allerdings waren dort einige Aufgaben dem Richter des Amtsgerichtes vorbehalten (§ 37 LFGG).